Der Deister ruft2.Teil2004 habe ich den ersten Teil geschrieben, damals war es ein Halbmarathon bei nicht so tollem Wetter. Der zweite Teil gilt der ersten Velo-Challenge in Hannover bei Kaiserwetter. Nicht, dass ich mit zunehmendem Alter nur noch im Sitzen Sport machen möchte (dafür ist mein Sattel eh zu unbequem), aber ein Radrennen pro Jahr ist doch ok. Ich war letztes Jahr hin und weg, als ich am Velothon in Berlin teilgenommen habe, konnte dieses Jahr leider nicht hin, also habe ich meine Kollegen bearbeitet, damit ich in Hannover mit machen kann. Sollte es sein, dass ein Wettkampf in Hannover besser (organisiert) ist, als in Berlin? Teils teils, Messe und Startnummernausgabe sind in Hannover deutlich besser. Statt eines beengten Kaufhausdachs, und drei Mal anstellen für Startunterlagen, Starterbeutel und Veranstaltungs-T-Shirt, flaniert man hier an der weitläufigen Uferpromenade des Maschsees, und hat schnell den Pflichtteil erledigt. Ein kleiner Spaziergang Richtung Nordufer führt an der Messe vorbei und endet an der Bühne des Medienpartners auf Höhe des Fackelläufers. Schon ein Tag vor dem Rennen ist die Stimmung großartig. Das gute Wetter lockt auch viele "normale" Spaziergänger an. Ich bekomme einen Notruf aus dem Opernhaus, und kann die Stimmung leider nicht genießen. Am späten Nachmittag habe ich meine beruflichen Pflichten erfüllt, und beginne mit der Vorbereitung. Ich packe meine Sachen für den morgigen Tag. Der Kleidersack ist zu klein geraten, wenn nicht so gutes Wetter wäre, wüsste ich nicht, wie ich alles verstauen soll. Dann geht es ans Rad. Den Aero-Vorbau muss ich abschrauben, und den Transponder befestigen. Ich muss feststellen, dass mein Vorderrad Luft verliert, also ist noch ein Schlauchwechsel angesagt. Um 23:30 Uhr ist alles bereit, und ich kann ins Bett. Leider kann Petra nicht mit kommen, aber sie erklärt sich bereit, mich um 5:45 Uhr zu wecken. Wer mich kennt, weiß, wie schwer mir das fällt. Ich habe aber Hummeln da, wo ich nach dem Rennen wund sein werde. Ich mache mich erst fertig, und dann auf die Reise. Ich habe beschlossen, mit dem Zug nach Hannover zu fahren. Während der fahrt frage ich mich, ob ich auf der langen Strecke richtig gemeldet bin. Die längste Strecke, die ich am Stück gefahren bin ist nicht mal 50km gewesen, und ich habe mich mit einem Schnitt über 30 km/h angemeldet. Ob das was wird? Pünktlich bin ich am Maschsee. Ganz in Ruhe ziehe ich mich um, das Puzzlespiel um alles im Kleidersack unter zu bringen habe ich mit Geduld und Kraft gelöst. An der Kleiderabgabe komme ich mit anderen Radfahrern ins Gespräch. Sie sind in der Startgruppe vor mir. Ich weise sie darauf hin, dass es ein Rechtsfahrgebot gibt. Sie verstehen den Gag, und versichern mir, dass sie mich beim überholen nicht behindern werden. - Ich habe sie nie mehr wieder gesehen ;-) - Ich stehe ziemlich lange im Startblock, und schaue mir Räder und ihre Fahrer an. Langsam zieht mir ein wohlbekannter Duft in die Nase: Genau wie in Berlin gibt es auch hier eine Gruppe, die vorm Start erst mal eine Zigarette rauchen müssen. Bei der Anmeldung muss man sein Wunschtempo angeben. Danach wird man einem Startblock zugeordnet. Ich sag mal so, den "Opis" im Block traue ich dieses Tempo zu, dem größten Teil der Starter "mit viel Bauchmuskeln" auch, aber die gestylten StarterInnen, bei denen die Rahmenfarbe mit dem Tattoo am Fußgelenk harmoniert, und alles neu zu sein scheint - ich weiß nicht. 9:33 Uhr fahre ich über dir Startlinie. Im Pulk komme ich schnell über die 30km/h. Ein Sponsor hat gelbe Trikots verteilt. Ich fahre ein Stück neben im her, und sage ihm, dass ich nun behaupten werde, gegen das "Gelbe Trikot" gefahren zu sein. Er hat auch gute Laune! Mit ca. 34 Sachen verlasse ich Hannover. Wie auch in Berlin ist die längere Distanz viel schöner. Ich habe eine gute Gruppe gefunden, mit der ich recht lange unterwegs bin. Die Strecke hat ziemlich viel zu bieten. Enge kurvige Ortsdurchfahrten, lange gerade Alleen und alles dazwischen. Was noch fehlt sind Berge. Nach gut einer Stunde kommt der Erste kurz vor Coppenbrügge. Nun 150 Höhenmeter sind jetzt nicht wirklich eine Herausforderung. Einigen ging es aber schon in die Beine, und unsere Gruppe wird deutlich kleiner. Meine Waden senden mir komische Signale. Die wollen doch nicht krampfen. Ich kippe reichlich Isozeug in mich rein. Ich mache mir keine großen Sorgen, und genieße die Landschaft! DAS gelbe Trikot fährt nun wieder ein Stück neben mir. Wir unterhalten uns ein wenig, und stellen fest, dass wir die gleiche Radmarke fahren. Die ist zwar gut, aber selten. Eine deutsche Manufaktur, aber nicht die aus Hamburg, obwohl das gelbe Trikot ein Hamburger Jung ist. Die Strecke wird welliger, und ich habe Probleme in einer Gruppe zu bleiben. Ich scheine nicht der einzige zu sein. In kleinen Grüppchen geht es bis zum Nienstedter Pass. Das ist die höchste Erhebung bei diesem Rennen, aber ich bin hier schon öfter hoch gelaufen, da werde ich mit dem Rad doch keine Probleme haben. Richtig, ich überhole wie der Teufel ( Ehrenwort: Weder ich, noch mein Rad sind gedopt). Oben angekommen befinde ich mich wieder neben dem gelben Trikot. Ich bin ca. 10 Jahre jünger, und habe bestimmt tausende von Kilometern weniger Erfahrung als er. Als ich in der Abfahrt vor der ersten Kurve bremse, schießt er an mir vorbei. Was nun? Augen zu und durch ist ein schlechtes Rezept. Ich nehme allen Mut zusammen, und klone seine Linie. Wahnsinn, mit mehr als 50 Sachen durch die Kurven! Danke, gelbes Trikot! Als wir wieder unten sind kann ich nicht mehr folgen. Das Ganze Fahrerfeld ist versprengt. Lange fahre ich mit einem Mitleidenden. Wir geben uns abwechselnd Windschatten. Die letzten 10 -15 Kilometer sind wir zu sechst. Nach weniger als 3,5 Stunden ist mein Rennen vorbei. Das gelbe Trikot ist schon seit 6 Minuten hier. Nach so großen sportlichen Leistungen bin ich für kurze Zeit gerne für mich, aber dann möchte ich meine Erlebnisse mit anderen teilen. Aber niemand da. Als ich zur Massage gehe, will die Therapeutin auch nur wissen, wo es mir weh tut. Will den keiner wissen, wie toll es war? Als Fazit könnte ich sagen "Hannover wird professionell ". In Berlin ist der Kleidersack größer, und es gibt mehr Streckenposten. Beide Strecken sind schön, aber diese ist viel abwechslungsreicher. Dem Veranstalter einen großen Glückwunsch!Berni
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