Auf der Reeperbahn morgens um 9:00Immer auf der Suche nach schönen Marathonwettkämpfen kommt man im Frühjahr an der Hamburger Veranstaltung nicht vorbei. Alle Spargelsprinter, die dort schon gelaufen sind, geraten ins schwärmen, manche sind der Meinung, dies ist der schönste Marathon von allen. Eine bessere Vorgabe für eine neue persönliche Bestzeit kann es nicht geben! Im Oktober 07 habe ich meinen Urlaub eingereicht, und mich in Hamburg angemeldet. Einer der schönsten Marathon mag ja sein, aber der Internet-Auftritt ist mangelhaft. Die Anmeldung hat aber einwandfrei funktioniert. Überhaupt nicht funktioniert hat mein Training (siehe Bericht über den Berliner Halbmarathon 08). Mein Motto: "Einen Marathon kann man nicht mit Ehrgeiz laufen, sondern muss man mit Ehrgeiz trainieren." Und nun soll ich mit 170km statt 750km und mehr Training die ganze Strecke hinter mich bringen? Hinzu kommt, dass ich meine Marathonausflüge immer mit einer kleinen Städtereise für Petra verbinde; So zu sagen als "Dankeschön" für ihre große Unterstützung. Der Wahnsinn siegte, sonst gäbe es diesen Bericht nicht. Und, so kann ich Petras bedenken vertreiben, gilt die Startnummer als U-Bahn-Ticket. Ich konnte Ihr also versprechen, dass sie mich gesund auf dem Heiligengeistfeld wieder treffen wird, auch wenn ich den Lauf vorzeitig abbrechen muss. Hamburg, wir kommen :-)). Von Hannover ging es samstags mit dem ICE sehr entspannt bis Hamburg Hbf. Dort konnte man zunächst nicht aussteigen, weil es irgendein Problem mit den Türen gab. Nach mehreren sich widersprechenden Durchsagen, beschlossen Petra und ich, lieber mit der S-Bahn zum Dammtor zu fahren. Unser Hotel war direkt hinter der Uni. Ein sonniger Spaziergang durch "Planten un Blomen" führte uns zur Messe, wo wir Beate und Burkhard mit ihren FANS trafen. Gemeinsam holten wir unsere Startunterlagen, und schauten uns auf der Messe um. Im Herbst sah es noch so aus, als wenn der Hamburger Marathon von den Spargelsprintern dominiert würde ;-), aber fast alle konnten sich nicht richtig vorbereiten, oder waren krank, bzw. verletzt. Einzig Burkhard hatte höhere Ziele, Beate, Holger, Oliver, Stephan und ich wollten einfach nur mit Anstand über die Ziellinie laufen. Am Sonntag war ich dann auch sehr entspannt, als ich mich mit Burkhard am Millerntorplatz traf. Nach dem obligatorischen "Pflanzendüngen" gingen wir in unseren Startblock. Alle anwesenden Spargelsprinter hatten den gleichen, trotzdem haben wir uns nicht gesehen. Diese (friedlichen) Menschenmassen beeindrucken mich immer wieder. Die ganzen Lautsprecheransagen habe ich nicht verstanden, aber die Start(schiffs)glocke habe ich gehört. Die beiden schönsten Marathon in Deutschland werden von Bürgermeistern gestartet - "und das ist auch gut so!" ;-) Schon nach ein paar Metern ist man auf der Reeperbahn, die Stimmung ist super! Sind die Zuschauer schon oder noch da? Mir wird schnell klar, warum der Hamburger Marathon so beliebt ist, aber auch, warum es ein Teilnehmerlimit gibt. Es dauert sehr lange, bis man flüssig laufen kann. Egal, ich hab' Zeit! In Övelgönne, bei ca. 5km biegt man in die Elbchaussee ein, um wieder Richtung Altona zu laufen. Das Läuferfeld ist immer noch sehr eng, aber der schöne Blick auf die Elbe wirkt auf mich beruhigend.
Bei 10km habe ich leider das Essen verpasst. Ich war der Meinung, Bananen gibt es erst nach 15km. Ich ärgere mich aber nicht, denn vielleicht wäre mir so ein Höhepunkt entgangen: Die Landungsbrücken! Die Fußgängerbrücke zur S-Bahn ist voller Menschen, rechts Menschen und links Menschen- eine der schönsten Kulissen, die ich kenne! Nach dem Baumwall und Dovenfleet schon gleich das nächste Bonbon. Im Wallringtunnel gibt es zwar keine Zuschauer, aber die Läuferschar wusste sich selbst zu feiern (Laola etc.). Am Ballindamm werde ich vom letzten Pacemaker für 3:30h überholt. Wegen der vielen Zuschauer kann ich die Innenalster nicht sehen, vermutlich kocht sie. Vor lauter Begeisterung habe ich die "15km-Banane" vergessen. Die Aussenalster kocht nicht, kann aber nicht wirklich zur Abkühlung genutzt werden. Am Fährhaus am Ende der Schönen Aussicht sitzt ein Moderator, und bemüht sich, in möglichst kurzer Zeit, möglichst viele Läufer zu nennen. Bei mir gerät er kurz ins Stocken, und nach kurzer Schmunzelpause liest er meinen Vereinsnamen vor: "Spargelsprinter". Ja kennt der uns nicht?! Meine Halbmarathonzeit liegt bei 1:48h, nun ist es aber vorbei mit einem 5:10min/km-Schnitt. Heute wird sich nicht gequält. Auf der Hebebrandstr. lässt die Stimmung etwas nach. Ich glaubte, es liegt an der nähe zur City-Nord, die ich nur als Bürostadt kenne. Ich irrte, der Überseering ist erneut ein Highlight. In Alsterdorf sehen Petra und ich uns. Nach fast 30km ist sie jetzt hoffentlich überzeugt, dass ich meinen Ehrgeiz im Griff habe, und nur auf Genuss laufe. Kurz darauf wähne ich mich schon im Ziel. Am U- und S-Bahn Bahnhof Ohlsdorf ist die Hölle los, so als müsste man jetzt den Endspurt anziehen. Seit der Verpflegungsstelle bei 25km mache ich beim Essen und Trinken Gehpausen. Nach dem Maienweg mache ich diese auch zwischen durch. Die Strecke zwischen Alsterkrug und Rothenbaumchaussee ist sehr stimmungsvoll, und ich bekomme reichlich aufmunternde Zurufe. Immer öfter sehe ich Opfer der Hitze. Seit der Halbmarathonmarke sehe ich ab und zu Läuferkollegen mit Krämpfen. Das ist mein dritter "Hitzemarathon", aber ich habe noch nie so viele Läufer gesehen, die offensichtlich dehydriert sind. Besonders erschrocken war ich, vier oder fünf Läufer auf dem Bürgersteig liegen zu sehen. Alle wurden von Sanitätern bzw. Ärzten versorgt, manche hatten auch schon Infusionen. Die Verpflegungs- und Erfrischungsstände waren perfekt eingerichtet (mal abgesehen, das ich erst 'ne Banane esse, und dann was trinke), Wasser zum trinken und für die Schwämme (aus dem Starterpaket) war genug da. Den letzten dieser armen Teufel sah ich am Ende der Gorch-Fock-Walls - ca. 500m vorm Ziel. Kurz darauf biege ich in die Glacischaussee ein. Die Zielgerade ist ewig lang, und ich habe jeden Kilometer genossen. 3:54h, dann ist der schöne Ausflug durch Hamburgs Stadtteile vorbei. Im Ziel gibt es erst mal die Medaille, dann muss man sich zwei Mal anstellen: 1.für die Verpflegungstüte mit Wasser, Sportdrink, Apfel, Banane, Schokolade und ich weiß nicht was, und 2. für dieses bekannte alkoholfreie Weizenbier. Die dafür nötigen Coupons muss man die ganzen 42,2km tragen … an der Startnummer. Auf dem Heiligengeistfeld waren als Treffpunkte Buchstabentafeln aufgestellt. Ich hatte mich mit Petra zwischen X und Z verabredet, das sollte am hintersten Ausgang sein. Als ich dort ankam, stand ich aber vor D?! Die benachbarten Schilder konnte ich nicht sehen, so ging ich dann erst in die falsche Richtung. Wir haben uns trotzdem gefunden. Sie erwartete mich in Begleitung von Beate und Reinhard. Nach einem kurzen Plausch, zog es Petra und mich zur Bratwurstbude. Lecker! Nach einem Marathon mache ich gerne einen Mittagsschlaf, außerdem läuft in der Glotze Formel1. Während ich also im Hotel mit der passiven Regeneration beginne, macht Petra einen Spaziergang, und erkundet schon mal ein Restaurant für das Abendmahl. Der Weg dorthin birgt eine große Hürde: Die Treppe aus unserem Zimmer auf den Flur. So habe ich mit meinem "Abstieg" zur Belustigung meiner Laufmuse beigetragen. Nach dem Abendessen folgt die aktive Regeneration bei einem wunderschönen Spaziergang durch das Studentenviertel. Der Abend endet bei lauem Wetter auf einer Bierbank der Bahnhofskneipe am Dammtor. Der Tag darauf beginnt mit einem schönen Frühstück, dann Kofferpacken und Begleichen der Hotelrechnung. Mit der S-Bahn fahren wir zu den Landungsbrücken. Als ich selbst auf der Fußgängerbrücke stehe, läuft mir in Erinnerung an gestern ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Petra möchte gern eine Fleetfahrt machen, hier kann man aber nur Hafenrundfahrten buchen. Wir müssen also zum Jungfernstieg. Natürlich zu Fuß. In der S-Bahn hätten wir nicht mitbekommen, dass die MIR an den Überseebrücken festgemacht hat. Weiter geht's am Baumwall vorbei in Richtung Innenstadt. Am Rathausplatz wollen wir uns stärken. Leider herrschte hier Dienstleistung- und Bedienungsnotstand. Kosten- und Kaffeefrei genießen meine Beine die rund zwanzigminütige Pause, bevor wir den Endspurt zur Innenalster antreten. Bis zum Start der Fleetfahrt bleibt noch Zeit zum Mittagessen. Der Italiener direkt am Bootssteg ist sehr gut, hat aber auch seinen Preis. Die Fleetfahrt war unbeschreiblich schön, und ein toller Abschluss unseres Hamburgtrips. Fazit: Allein die Hotelpreise und der Internetauftritt haben mich nicht überzeugt. Die Stimmung, für die die Hamburger sorgen, macht diesen Marathon absolut laufenswert. Die Starterzahl ist sicherlich an der Obergrenze. Der einzige Grund, warum Berlin für mich die Nr.1 vor Hamburg bleibt, ist das doch recht wellige Profil. Ich werde hier bestimmt noch mal laufen- auf Zeit! Berni Helmdorf
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